500 Jahre Reformation in Taubenheim an der Spree
Mit dem Anschlag seiner 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg am 31. Oktober 1517 durch Martin Luther wurde die Reformation der Kirche eingeleitet. Dadurch kam es im 16. Jahrhundert zur Spaltung in die römisch-katholische und die evangelisch-lutherische Kirche.
Die Lehre des Theologen Martin Luthers wurde bald darauf weiterverbreitet.
In der Oberlausitz erfolgten die ersten evangelischen Predigten um 1520/21 zuerst in den Städten Bautzen, Görlitz, Zittau. In Görlitz und Bautzen gaben die Stadträte dem Druck der Bevölkerung nach und führten 1524 die Reformation ein. Zu den ersten lutherischen Landgemeinden der gesamten Oberlausitz, in denen die Reformation vollzogen und der Laienkelch eingeführt wurde, gehörten im Jahre 1524 die Kirchen zu Taubenheim und Oppach. Hier wurde die Aufklärung durch die Reformation mit des Volkes Willen und der stärkeren Förderung von Seiten der zuständigen Herrschaft schneller durchgesetzt als anderswo. In vielen Nachbardörfern konnte sie sich erst viele Jahrzehnte später durchsetzen. So im benachbarten Sohland an der Spree erst 1554. In Dörfern, die zum Bautzener Domstift, zum Kloster Marienthal wie auch zum Kloster Marienstern gehörten, erfolgte bis heute keine Reformation.
Bisher war in der katholischen Kirche der Abendmahlskelch nur den Geistlichen vorbehalten, während er den Nichtgeistlichen, den sogenannten „Laien“ – der Bibel zuwider – vorenthalten wurde. Da man den Laienkelch zu jener Zeit im angrenzenden Böhmen nicht mehr und in allen Lausitzer Nachbarorten noch nicht empfangen konnte, hatte sich in unseren beiden Orten ein geistlich-reformatorisches Zentrum gebildet, wohin man von weit her strömte.
Durch die Möglichkeit, das christliche Abendmahl als Kirchgänger hier unter „beiderlei Gestalt“ – in Brot und Wein – zu empfangen, wurden beide Kirchen zu „Wallfahrtsorten“.
Der erste alleinige evangelische Prediger, den die selbstständig gewordene Ortskirche zu Taubenheim erhielt, war Herr Johann Faber. (In Oppach war dies sein leiblicher Bruder Anton Faber). Johann Faber amtierte ab 1524 in der damaligen hiesigen Kirche. Alle weiteren hier in unserer Kirche amtierenden evangelisch-lutherischen Pfarrer sind im Eingangsbereich unseres Gotteshauses auf einer Liste namentlich erfasst und sichtbar ausgehangen. Diese Liste aller evangelischen Pfarrer, welche von 1524 bis 2020 in Taubenheim an der Spree amtierten, umfasst 53 Namen. Hinzu kämen noch die vielen nicht genannten Pfarrer, welche vertretungsweise hier gewirkt haben. (Stellvertretend zum Beispiel Pfarrer Günther Kämmlitz aus Friedersdorf. Er hatte uns 1972 in der Taubenheimer Kirche konfirmiert. Pfarrer Scherffig war bereits im Ruhestand und Pfarrer Bringt noch nicht in das Amt eingeführt worden.)
Der Erfolg der Reformation in der Oberlausitz veranlasste Martin Luther, seinen Mitstreiter Johann Bugenhagen 1545 die Ordination des Pfarrers Paulus Schmidt für Taubenheim selbst vollziehen zu lassen.
Leider finden sich aus jener Zeit keine schriftlichen Zeugnisse in unserem Kirchenarchiv. Wahrscheinlich sind bei dem Großbrand am 24. April 1644, als ein Feuer auf dem nebenan gelegenen Rittergut Ober-Taubenheim ausbrach und den sogenannten Oberhof und die Kirche in Schutt und Asche legte, alle Unterlagen verbrannt. Alle in unserem Taubenheim vorhandenen Tauf-, Trau- und Sterbeeintragungen beginnen in den Büchern im Jahre 1642, da diese zum Zeitpunkt der Brandkatastrophe wohl im Pfarrhaus gelegen haben werden. Dieses war bei dem Brand nicht betroffen gewesen, da es über der Pfarrbrücke auf der anderen Seite des Hohlweges gestanden hat. Einzelne zum Teil angekohlte Seiten mit Aufzeichnungen von Taufen und Trauungen aus den Jahren 1636 bis 1638 könnten dafürsprechen. Ebenso erfolgte in dem ältesten erhaltenen Kirchenbuch eine ergänzende Auflistung aller evangelisch- lutherischen Pfarrer, die in unserem Taubenheim von den Anfängen bis ca. 1652 gewirkt haben.
Zur vorreformatorischen Kirchengeschichte ist lediglich bekannt, dass in zwei Original-Urkunden des Zisterzienserinnenklosters St. Marienstern bei Kamenz, aus dem Jahre 1355 neben Wilrich und Junigunde von Kopperitz (Rittergutsbesitzer zu Taubenheim und Oppach und seine Frau), auch ein Herr Tiecze, Pfarrer in Oppach und ein Herr Bartholomäus, Pfarrer in Taubenheim erwähnt werden. Dies ist die älteste sichere Erwähnung unseres Ortes Taubenheim und eines Pfarrers.
Das lässt auch auf das Vorhandensein einer Kirche im Ort schließen.
Die Einweihung der neuerbauten Kirche nach dem Brand von 1644, erfolgte am 17.November 1645 durch Pfarrer Abraham Franke (Pfarrer hier von 1641-1651) und ist noch heute das offizielle Datum des alljährlichen Kirchweihfestes am dritten Sonntag im November. Dank der Unterstützung des Kollators Johann Adolph von Haugwitz und der Herrschaft von Crostau konnte unser Gotteshaus nach dem Brand binnen Jahresfrist wieder aufgebaut werden. Es war im Grundriss etwa halb so groß wie unsere heutige Kirche.
Nachdem im benachbarten Habsburger Reich (später Österreich-Ungarn), ab 1624 eine Gegenreformation, also eine Rekatholisierung in Schlesien, Mähren und Böhmen bis in die 1690er Jahren stattfand, wurden dessen Nachbargemeinden wie Oppach und unser Taubenheim (seit 1635 wieder zu Sachsen gehörig) zu Zufluchtsorten der Glaubensvertriebenen. Hier fanden Anhänger des evangelisch-lutherischen Glaubens wieder eine neue Heimat und Wirkungsstätte.
Wegen des dadurch erfolgten sprunghaften Anstiegs der Einwohnerzahlen in der Gemeinde war es auch notwendig geworden, die Kirche zu erweitern.
Am 7.6.1757 wurde in Gegenwart von Kirchenpatron Herrn Hans Heinrich von Zezschwitz, Pfarrer Johann Friedrich Reichel, Schulmeister Johann Philipp Bomm, der Kirchväter Hans Friedrich Noack und Hans George Paul, Verwalter Hans Georg Noack, Richter Christian Ehrenfried Melzer, der 139 Haus-Wirte, 25 Hausleute und deren Frauen der Grundstein für den Bau der neuen Kirche gelegt. Bedingt durch den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) mussten diese Baumaßnahmen unterbrochen werden. Von 1764-1775 erfolgte – unter dem Patronat des Hans Heinrich von Zezschwitz – eine Wiederaufnahme des Erweiterungsbaus der Kirche (der auf dessen Kosten ausgeführte westliche Anbau), der sich in Folge von Krieg, Teuerung und Geldmangel bis zur Vollendung im Jahr 1775 hinzog.
Am 19. November 1775 wurde nach 18-jähriger Bauzeit die nach Westen komplett erweiterte Taubenheimer Hallen-Kirche eingeweiht. Es erfolgte die Aufstellung der neuen Orgel und die Ausschmückung des Altars am Tag der Kirchweihe durch Pfarrer Karl August Baumeister mit einer Ehrenrede von Carl Heinrich von Zezschwitz. Dabei wurde bewusst an die Tradition der ersten Kirchweihfeier 1645 nach dem Brand 1644 angeknüpft und auch weiterhin die „Feier der Kirchweih“ am drittletzten Sonntag des Kirchenjahres begangen.
Unser Taubenheim feierte von all den anderen Kirchgemeinden hier in der Oberlausitz als letztes im Kirchenjahr das Kirchweihfest. Am Sonntag darauf, den letzten in jeden Kirchjahr, wird seit der Reformation in den evangelischen Kirchen der Ewigkeitssonntag (Totensonntag) begangen.
Nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990 wurde der seit 1952 in der alten BRD als Volkstrauertag bezeichnete Sonntag auch hier in Sachsen eingeführt und zwar zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag. Deshalb wurde in den 1990er Jahren durch den Kirchenvorstand beschlossen, den Kirchweihsonntag um einen Sonntag, auf den zweiten Sonntag im November vorzuverlegen.
Seit 1999 hatten die beiden Kirchgemeinden Oppach und Taubenheim wieder gemeinsam einen Pfarrer, der in Oppach wohnte und beide Orte als Seelsorger betreute. Von 1999-2013 waren wir im Schwesternkirchverbund mit Oppach, seit 2014 Schwesterkirchgemeinde mit Neusalza-Spremberg, Friedersdorf, Oppach und Beiersdorf.
Seit Februar 2020 gehört die Kirchgemeinde Taubenheim/Spree nunmehr zum Kirchspiel „Oberes Spreetal“. Deshalb erfolgt seitdem die Durchführung der Gottesdienste und Andachten durch Pfarrerinnen und Pfarrer aus dem Kirchspiel „Oberes Spreetal“.
Zusammengestellt von Matthias Gutsche,
Wassergrund im Juni 2024